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Wirksamkeit selbstregulierter Lernstrategien auf die englische Grammatik: Vermittelnde Rolle von Identitätsstilen

Untersuchung des Einflusses selbstregulierter Lernstrategien auf den Erwerb englischer Relativsätze, mit Analyse von Identitätsstilen als potenzielle Mediatoren.
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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung & Überblick

Diese Studie untersucht die Wirksamkeit von Strategien des Selbstregulierten Lernens (SRL) auf den Erwerb englischer Relativsätze (ERC), mit einem spezifischen Fokus auf die potenzielle vermittelnde Rolle von Lernenden-Identitätsstilen. Grammatik, insbesondere komplexe Strukturen wie Relativsätze, ist entscheidend für die Zweitsprachenkompetenz (L2) und kommunikative Fähigkeit. Während SRL-Strategien – die metakognitive Planung, Überwachung und Bewertung umfassen – als bedeutende Förderer des Sprachenlernens anerkannt sind, ist ihre Wechselwirkung mit psychologischen Konstrukten wie Identität im Kontext der Grammatikvermittlung noch wenig erforscht.

Identitätsstile, abgeleitet aus Berzonskys Modell, beziehen sich auf die sozio-kognitiven Strategien, die Individuen nutzen, um ihr Selbstkonzept zu konstruieren und zu revidieren. In einem L2-Kontext kann die Identität eines Lernenden das Engagement, die Motivation und letztlich die Verinnerlichung grammatischer Regeln maßgeblich beeinflussen. Diese Forschung verbindet kognitive (SRL) und sozio-affektive (Identität) Domänen, um ein ganzheitlicheres Verständnis der Mechanismen des Grammatiklernens zu liefern.

2. Forschungsmethodik

2.1 Teilnehmer & Design

Die Studie verwendete ein quasi-experimentelles Design mit 60 iranischen EFL-Lernenden auf Universitätsniveau. Die Teilnehmer wurden zufällig einer Experimentalgruppe (EG) (n=30) und einer Kontrollgruppe (KG) (n=30) zugewiesen. Die Homogenität hinsichtlich des Vorwissens über Relativsätze wurde mittels eines Vortests sichergestellt.

2.2 Instrumente & Vorgehensweise

Die Vorgehensweise folgte einer strukturierten Abfolge:

  1. Vortest: Erfassung des Basiswissens über ERC.
  2. SRL-Fragebogen: Wurde allen Teilnehmern vorgelegt, um die bestehende Strategienutzung zu erfassen.
  3. Intervention: Die EG erhielt explizites Training zu zentralen SRL-Strategien (z.B. Zielsetzung, Selbstüberwachung, Selbstevaluation) für das Grammatiklernen, während die KG mit dem regulären Unterricht fortfuhr.
  4. Identitätsstil-Fragebogen (Berzonsky): Wurde der EG vorgelegt, um die Lernenden in informatorische, normative oder diffus-vermeidende Identitätsstile zu kategorisieren.
  5. Nachtest: Identisch im Format zum Vortest, zur Messung der ERC-Lernfortschritte.

Die Daten wurden mittels Kovarianzanalyse (ANCOVA) und einfaktorieller Varianzanalyse (ANOVA) ausgewertet.

Wichtige experimentelle Kennzahlen

Stichprobengröße: N = 60 (30 EG, 30 KG)

Primäranalyse: ANCOVA (unter Kontrolle des Vortests)

Effektstärkenmaß: Eta-Quadrat (η²)

3. Ergebnisse & Statistische Analyse

3.1 Effekt der SRL-Strategien

Die ANCOVA-Ergebnisse zeigten einen statistisch signifikanten Haupteinfluss der SRL-Strategie-Intervention auf die Nachtest-ERC-Werte (p < 0,01). Die Effektstärke war groß (η² = 0,83), was darauf hindeutet, dass Kenntnis und Anwendung von SRL-Strategien etwa 83 % der Varianz der Grammatiklerngewinne jenseits des Vortests erklärten. Dieser robuste Befund unterstreicht die starke Rolle der metakognitiven Selbstregulation beim Meistern komplexer grammatischer Strukturen.

3.2 Vermittelnde Rolle der Identitätsstile

Entgegen der Hypothese zeigten nachfolgende ANOVA-Tests, dass keiner der drei Identitätsstile (informatorisch, normativ, diffus-vermeidend) in diesem spezifischen Kontext eine statistisch signifikante vermittelnde Rolle in der Beziehung zwischen SRL-Strategienutzung und ERC-Erfolg spielte. Die erwartete Interaktion zwischen kognitiver Strategie und sozio-kognitivem Identitätsstil wurde nicht beobachtet.

4. Diskussion & Schlussfolgerung

Die Studie zeigt eindeutig, dass explizite Unterweisung in Strategien des Selbstregulierten Lernens den Erwerb englischer Relativsätze bei EFL-Lernenden signifikant verbessert. Die große Effektstärke legt nahe, dass SRL-Training ein hochwirksames pädagogisches Werkzeug für den Grammatikunterricht ist.

Der nicht signifikante Befund bezüglich Identitätsstilen als Mediatoren ist bemerkenswert. Es könnte darauf hindeuten, dass im fokussierten Kontext des Lernens eines diskreten grammatischen Teilsystems (Relativsätze) die direkten kognitiven und metakognitiven Vorteile der SRL-Strategien so stark sind, dass sie den Einfluss breiterer Identitätsverarbeitungsstile überlagern. Alternativ könnte das Messinstrument für den Identitätsstil oder der spezifische Lernkontext nicht sensibel genug gewesen sein, um eine potenzielle Interaktion zu erfassen.

Schlussfolgerung: Lehrkräfte, Lehrplanentwickler und Bildungspolitiker sollten die Integration von SRL-Strategietraining in Grammatiklehrpläne priorisieren, um die L2-Grammatikkompetenz zu beschleunigen und zu vertiefen.

5. Kernanalyse & Experteninterpretation

Kernerkenntnis: Diese Arbeit liefert ein klares, wirkungsvolles, aber letztlich einseitiges Urteil. Sie bestätigt SRL wirkungsvoll als kognitive „Maschine“ für den Grammatikerwerb, scheitert aber daran, die versprochene sozio-affektive „Übertragung“ (Identitätsstile) erfolgreich zu integrieren. Die große Effektstärke für SRL (η²=0,83) ist der Star – eine Zahl, die jeden Sprachlehrplanentwickler aufhorchen lassen sollte. Das Null-Ergebnis zur Identitätsmediation ist jedoch die entscheidende Wendung, die mehr über das Studiendesign als über die Irrelevanz der Identität verrät.

Logischer Ablauf & Kritischer Fehler: Die Logik ist schlüssig: Kognitive Strategien (SRL) + Affektiver Mediator (Identität) = Ergebnis (Grammatik). Die Durchführung weist jedoch einen grundlegenden Abfolgefehler auf. Die Studie misst die Identitätsstile nach der SRL-Intervention. Dies ist eine große methodische Schwäche. Identitätsstile werden theoretisch als relativ stabile, sozio-kognitive Verarbeitungsrahmen (Berzonsky, 2011) konzipiert, die beeinflussen sollten, wie man sich mit einem neuen Werkzeug wie SRL auseinandersetzt. Eine Messung nach der Intervention riskiert, einen Zustand zu erfassen, der von der Behandlung selbst beeinflusst wurde, und nicht ein stabiles Merkmal, das ihre Wirkung vermittelt. Es ist, als wolle man bestimmen, ob der angeborene Kochstil einer Person (Identität) das Ergebnis eines Rezepts beeinflusst, aber man fragt erst nach ihrem Stil, nachdem sie das Gericht bereits mit einer neuen Technik gekocht hat.

Stärken & Schwächen: Die Stärke ist der saubere experimentelle Nachweis der Wirksamkeit von SRL – ein wertvoller Beitrag, der mit breiterer pädagogisch-psychologischer Forschung übereinstimmt (Zimmerman, 2002). Die Schwäche ist die verpasste Gelegenheit bezüglich der Identität. Die Autoren behandeln Identität als eine einfache, statische Variable zur Korrelation, nicht als das dynamische, kontextuell ausgehandelte Konstrukt, das in der zeitgenössischen SLA-Theorie prominent ist (Norton & Toohey, 2011). Die Verwendung von Berzonskys Fragebogen, obwohl psychometrisch valide, könnte für die spezifische, mikroskopische Aufgabe des Lernens von Relativsätzen zu dekontextualisiert sein.

Umsetzbare Erkenntnisse: 1) Für Praktiker: Integrieren Sie sofort SRL-Training in Grammatikstunden. Bringen Sie den Schülern bei, Ziele für die Satzbeherrschung zu setzen, ihr Verständnis in Übungen zu überwachen und ihr eigenes Schreiben zu bewerten. 2) Für Forscher: Untersuchen Sie die Identitätsfrage mit einem Prä-Post-Design erneut. Verwenden Sie Mixed Methods: Kombinieren Sie Identitätsstil-Fragebögen mit qualitativen Interviews oder Tagebüchern, um zu sehen, wie das Selbstkonzept der Lernenden als „Sprachlerner“ mit der Strategienutzung während des Grammatiklernprozesses interagiert. 3) Für das Fachgebiet: Diese Studie unterstreicht die Notwendigkeit für anspruchsvollere Modelle, die nicht einfach kognitive und affektive Variablen addieren, sondern deren zeitliche und interaktive Dynamik spezifizieren, ähnlich komplexen Modellen in anderen Lernbereichen.

6. Technischer Rahmen & Zukünftige Richtungen

Technische Details & Konzeptionelles Modell

Das hypothetisierte Modell kann als Mediationspfad dargestellt werden:

Unabhängige Variable (X): SRL-Strategie-Intervention (0=Kontrolle, 1=Experiment)
Hypothesierter Mediator (M): Identitätsstil (Informatorisch, Normativ, Diffus-Vermeidend)
Abhängige Variable (Y): Nachtest-ERC-Wert (unter Kontrolle des Vortests)
Getestete Pfade: Effekt von X auf Y (c), Effekt von X auf M (a), Effekt von M auf Y unter Kontrolle von X (b). Der indirekte Effekt (a*b) repräsentiert die Mediation.

Der zentrale statistische Test für den Haupteinfluss war ANCOVA, wobei die AV modelliert wurde als:
$Y_{post} = \beta_0 + \beta_1(Gruppe) + \beta_2(Y_{pre}) + \epsilon$
wobei ein signifikanter $\beta_1$ den Behandlungseffekt anzeigt.

Analyse-Rahmenbeispiel (Nicht-Code)

Fallstudienrahmen: Um die Frage der Identitätsmediation besser zu untersuchen, könnte eine zukünftige Studie eine personenzentrierte Analyse neben variablenzentrierten Methoden einsetzen.

  1. Profilbildung vor der Intervention: Cluster-Teilnehmer basierend auf Vortest-SRL-Strategienutzung und Identitätsstil-Werten, um ganzheitliche Lernendenprofile zu erstellen (z.B. „Hohe SRL-Informatorisch“, „Niedrige SRL-Diffus“).
  2. Differenzielle Interventionsanalyse: Wenden Sie das SRL-Training an. Analysieren Sie dann nicht nur den Gesamtbehandlungseffekt, sondern wie stark Lernende aus jedem bereits bestehenden Profil profitieren. Zeigt die „Niedrige SRL-Diffus“-Gruppe denselben Gewinn wie die „Hohe SRL-Informatorisch“-Gruppe?
  3. Prozessverfolgung: Für ausgewählte Fälle aus jedem Profil verwenden Sie Lautes Denken-Protokolle, während sie nach der Intervention Grammatikaufgaben bearbeiten. Analysieren Sie nicht nur, ob sie SRL-Strategien nutzen, sondern wie sie sie nutzen – verwendet ein Lernender mit „informatorischem“ Stil die Selbstüberwachung reflektierter als ein Lernender mit „normativem“ Stil?

Dieser Rahmen geht über Korrelation hinaus, um zu untersuchen, wie bereits bestehende Konfigurationen von Merkmalen und Strategien den Lernprozess formen.

Zukünftige Anwendungen & Richtungen

  • Adaptive Lernsysteme: Integrieren Sie SRL-Aufforderungen (z.B. „Setzen Sie Ihr Ziel für diese Übung“, „Bewerten Sie Ihr Vertrauen“) in digitale Grammatikplattformen. Zukünftige KI-Tutoren könnten Feedback basierend auf abgeleiteten Selbstregulationsmustern der Lernenden anpassen.
  • Lehrerfortbildungsmodule: Entwickeln Sie berufliche Weiterbildungsprogramme mit Fokus auf „SRL-angereicherten Grammatikunterricht“, die über bloße Erklärung hinaus zu Strategie-Coaching führen.
  • Längsschnitt- & interkulturelle Studien: Wiederholen Sie die Studie über längere Zeiträume und in verschiedenen kulturellen Kontexten, um zu sehen, ob die Wirksamkeit von SRL bestehen bleibt und ob kulturelle Dimensionen des Selbstkonzepts mit Identitätsstilen interagieren.
  • Neurowissenschaftliche Korrelate: Verwenden Sie fMRT oder EEG, um zu untersuchen, ob die Nutzung von SRL-Strategien während des Grammatiklernens metakognitive Überwachungs-Hirnregionen (z.B. präfrontaler Kortex) basierend auf Identitätsprofilen unterschiedlich aktiviert.

7. Literaturverzeichnis

  1. Aliasin, S. H., Kasirloo, R., & Jodairi Pineh, A. (2022). The efficacy of self-regulated learning strategies on learning english grammar: the mediating role of identity styles. Journal of Psychological Science, 21(115), 1359-1374.
  2. Berzonsky, M. D. (2011). A social-cognitive perspective on identity construction. In S. J. Schwartz, K. Luyckx, & V. L. Vignoles (Eds.), Handbook of identity theory and research (pp. 55-76). Springer.
  3. Norton, B., & Toohey, K. (2011). Identity, language learning, and social change. Language Teaching, 44(4), 412-446.
  4. Pintrich, P. R. (2004). A conceptual framework for assessing motivation and self-regulated learning in college students. Educational psychology review, 16(4), 385-407.
  5. Zimmerman, B. J. (2002). Becoming a self-regulated learner: An overview. Theory into practice, 41(2), 64-70.
  6. Ismail, N. S. C., & Dedi, F. (2021). The importance of grammar in second language learning. Journal of English Education and Teaching, 5(3), 1-15.
  7. Pawlak, M. (2018). Grammar learning strategies: A state-of-the-art review. In M. Pawlak (Ed.), Studying second language acquisition from a qualitative perspective (pp. 3-22). Springer.